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Verdrängte Geschichte an die Oberfläche geholt

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Martina Clavadetscher und Daniel Graf auf der Kleintheater-Bühne.

Nach Zürich und Basel feierte nun auch die Innerschweiz Buchvernissage von Martina Clavadetschers neuestem Roman «Der Schrecke der anderen». Im ausverkauften Kleintheater las sie mehrere Passagen aus dem Werk und gab beredt und reflektiert Auskunft über Hintergrund, Entstehung und Arbeitsweise. Musikalisch untermalt wurde die Lesung durch Claudio Strüby. Der äusserst anregende Abend war eine Gemeinschaftsveranstaltung zwischen dem Literaturhaus Zentralschweiz lit.z, der Literaturgesellschaft Luzern LGL und dem Luzerner Kleintheater.

Geschichte, Geschichten und Schichten: So könnte man sehr abstrakt den Buchinhalt benennen. Konkreter geht es um Nazis und Neonazis und darum, wie Geschichte überliefert wird. Um das, was wir wissen wollen und was wir gerne verdrängen. Auch wenn der Roman mit einem Toten im Eis beginnt: Clavadetscher hat keinen Krimi geschrieben, spielt aber durchaus mit dem Genre, wie sie im Gespräch mit dem Moderator Daniel Graf bestätigte. Die Frage beim Schreiben sei immer: «Wie kann ich das perfekte Vehikel finden, um eine Geschichte zu transportieren?»

Doch nicht nur kriminalistische Elemente treiben die Handlung voran, es sind auch die Geschichten hinter den paarweise auftretenden vier Hauptfiguren. Und neben der recherchierten Geschichte gibt es noch die mythologische Ebene, die Sage von Pilatusdrachen beispielsweise. Wieso Mythologie in einem aufklärerischen Buch, wollte der bestens vorbereitete Literaturwissenschafter und «Republik»-Kulturredaktor wissen. Auch Mythen gehörten zur Geschichte, trügen bei zu unserem Geschichtsbewusstsein und sie liessen sich häufig verorten. Auch im Roman spielt und irritiert Clavadetscher mit geografischen Anspielungen und Verweisen. Die in Brunnen aufgewachsene Schriftstellerin bedient sich der Sagen und Mythen der Innerschweiz genauso wie vor Kurzem geschehenen Ungeheuerlichkeiten.

Der sehr vielschichtige Roman ist aber keineswegs Trockenfutter, sondern ein lustvolles Lesevergnügen, das grosse Themen bildstark verhandelt und Vergangenes (und Gegenwärtiges) sichtbar macht. Auch solches, das gerne verdrängt oder ausgeklammert wird und das nicht nur der Schrecken der andern ist, sondern im besten Fall auch uns angstlustvoll erschreckt.

23. September 2025 – Hans Beat Achermann (Text und Bild)

LiteraturGesellschaft Luzern

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