Sara Gmuer - Zwischen Plattenbau und Promibeiz
Sara Gmuer: Für eine Lesung von Berlin nach Luzern zurückgekehrt.
«Hart und rau und schön» steht auf dem Cover von Sara Gmuers Zweitling «Achtzehnter Stock», ein Berliner Milieuroman genauso wie ihr Erstling «Karizma». Aus beiden Romanen las die im Tessin geborene und in Luzern aufgewachsene Autorin im voll besetzten Salon 11 im Schweizerhof. Schon lange hat sie die Schweiz Richtung Berlin verlassen. Sie liebe beides, das Nomadische und das Häusliche, antwortete sie auf eine Frage von Moderatorin Leslie Schnyder. Die «scharf gezeichneten Kontraste» hatte schon LGL-Präsidentin Regula Jeger in ihrer Einführung angesprochen. Und davon gibt es viele in den Büchern. Das Harte und Raue wechseln sich ab, die anstrengende Alltagsrealität wird gegengezeichnet durch Sehnsüchte und Träume. Die Beschreibung vom Leben im Plattenbau und auf der andern Seite das dekadente Gelage von Halbpromis aus der Filmszene, die harte Berliner Schnauze und schöne Sprachperlen machen den Reiz dieses unterhaltenden Romans aus.
Wie immer erhellten die Aussagen zum Schreibprozess das Gelesene. Sie suche den Ton auch in andern Büchern, zum Beispiel in «Der Hund» von Akiz. Dort steht im Klappentext «Wüst, brutal, sinnlich». Da hat sie sich zweifelsohne inspirieren lassen. Bei Gmuer schwingt nicht selten auch ein humorvoller Unterton mit. Neben den Recherchen vor Ort, zum Beispiel in einer Psychiatrie oder einer Justizvollzugsanstalt, sammle sie Sätze. Diese setze sie dann an passenden Stellen ein. «Klauen, was man aufschnappt», nannte sie diese Methode. Schreiben gehe auch nicht ohne Excel-Tabelle. Diese diene dazu, die Romanstruktur im Auge zu behalten. Und sie kann sich auch vorstellen, Künstliche Intelligenz künftig als Sparringpartner zu benutzen.
Zunächst aber wird kein weiteres Buch erscheinen, denn die Vielseitige arbeitet zurzeit an einer Taschenkollektion, entwirft Taschen mit aufgedruckten Sätzen. Einer lautet vielleicht: «Die Zeit zersetzt sich wie Kompost.» Oder ein anderer: «Man kann Licht nicht hören.» Beide stammen aus dem «Achtzehnten Stock».
29. Oktober 2025 – Hans Beat Achermann (Text und Bild)