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Newsletter der LiteraturGesellschaft Luzern

Oktober 2021

Liebe Mitglieder der LiteraturGesellschaft Luzern
Liebe Freunde und Freundinnen guter Literatur

Der (Bücher-)Herbst zeigt sich mit Farbenpracht und hält inspirierende Bücher für kühl-nasse Tage und lange Abende parat. Herbstzeit ist ja bekanntlich Lesezeit! Die Temperaturen sinken und laden zu Lektüreerlebnissen in den eigenen vier Wänden ein. Selbstverständlich gehören aber auch bereichernde Begegnungen mit Autor*innen und Menschen, welche die Liebe zur Literatur mit uns teilen, dazu: die LiteraturGesellschaft Luzern ermöglicht solche Momente.  

Seit Montag, 13. September 2021, gilt für Veranstaltungen in Innenräumen eine Zertifikatspflicht. Das bedeutet konkret, dass bis auf Weiteres ausschliesslich geimpfte, genesene oder negativ getestete Personen Zutritt zu unseren Lesungen haben. Mit dieser Entscheidung ergibt sich für uns die Möglichkeit, den Raum wieder voll auszulasten und Stühle näher zu rücken. Wer sich sicherer fühlt, darf selbstverständlich auch eine Maske tragen.

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Diese neuen Bedingungen haben wir an der Lesung mit Flavio Steimann ausprobiert, und es klappte alles wesentlich besser, als wir es uns vorgestellt hatten.
Der Luzerner Autor führte die Anwesenden mit seinem neuen Roman nicht sehr weit von Luzern weg, aber in eine längst vergangene Zeit und in beklemmende Umstände.  Es ist buchstäblich ein gewaltiger Stoff, den Flavio Steimann in Krumholz (Edition Nautilus, 2021) verarbeitet hat. Zwei junge Menschen, beide irgendwie aus der Zeit und der Gesellschaft gefallen und beschädigt, treffen schicksalshaft aufeinander, genau in der Mitte des Buches. Er wird zum Mörder, am Ende des Buches durch die Guillotine hingerichtet. Der Fall hat sich im Luzerner Hinterland vor gut 100 Jahren ereignet. Es sind Sprachbilder von beinahe fotografischer Präzision, die Steimann entwirft und die den historischen Stoff in eine zeitlose Dimension heben. Es geht letztlich um die grossen Fragen nach Schuld und Schicksal, nach dem Guten und dem Bösen und allem, was dazwischen liegt. Der Germanist (und LGL-Vorstandsmitglied) Hans Rudolf Schärer hat mit viel Feingefühl und literaturkritischem Knowhow den Roman eingeordnet und dem Autor aufschlussreiche Antworten entlockt, zum Beispiel bezüglich Schaffensweise. Ein Leseabend, der nachhallt!


Rückkehr in ein fremd gewordenes Land

Am 21. Oktober 2021 wird Thilo Krause das LGL-Publikum in die Sächsische Schweiz, also etwas weiter weg, führen. In seinem Erstlingsroman «Elbwärts» (Hanser Verlag, 2020) erzählt der in Zürich lebende Autor von einem jungen Paar, das nach Jahren zurückkehrt ins Felsland der Sächsischen Schweiz. Der Wunsch, sich an den Kindheitsorten ein neues Leben aufzubauen, mündet in die Konfrontation mit der Herkunft, aber auch mit einer neuen Fremdheit. Der Erzähler erinnert sich: an den Schulfreund, der damals beim gemeinsamen Klettern sein Bein verlor, den öffentlichen Tadel in der Schule beim sozialistischen Fahnenappell. Thilo Krauses erster Roman erzählt vom Versuch der Heimkehr in ein fremdgewordenes Land. Es gibt nicht nur Apfelbäume und Elbwiesen, es gibt auch das Sommercamp der Neonazis, und am Misstrauen des Dorfes droht auch das Paar zu scheitern.

«Elbwärts» wurde 2020 mehrfach ausgezeichnet, u. a. als bester Erstlingsroman mit dem Robert-Walser-Preis.


Details zur Lesung und zur Anmeldung siehe www.literaturgesellschaft-lu.ch


Herbstzeit ist auch Literaturpreiszeit

Mit Spannung warten wir auf die Verleihung des deutschen und schweizerischen Buchpreises (18. Oktober 2021 resp. 7. November 2021). Der Nobelpreis für Literatur ist neben dem Friedensnobelpreis derjenige, der das meiste öffentliche Interesse weckt . Alfred Nobels Massgabe, der Preis solle an ein "in idealer Weise herausragendes Werk" verliehen werden, lässt einigen Deutungsspielraum zu. Leise Töne, klare Worte, starke Gefühle - in knappen Poemen oder epischer Breite. Wer wird dieses Jahr den begehrten Preis gewinnen? Das ist im Moment eines der am bestgehüteten Geheimnisse. Eines ist zumindest bekannt: Die Verleihung des Literaturnobelpreises 2021 findet am 7. Oktober 2021 statt.


LGL-Programmgruppe am Planen des Programms 2022-1

Zurzeit beschäftigt sich die Programmgruppe mit der Planung des neuen Programms 2022-1. Wir lassen uns von Neuerscheinungen, Shortlists und Empfehlungen inspirieren, wir lesen und diskutieren, bis wir konkret Anfragen an Autor*innen starten, die wir Ihnen gerne vorstellen möchten.
Noch ist so ziemlich alles offen, im nächsten Newsletter verraten wir mehr!


Leseempfehlung von LGL Vorstandsmitglied Hans Beat Achermann: Wolfgang Hildesheimers Zeiten in Cornwall

Nein, ich war immer noch nie in Cornwall, obwohl ich das vor genau 50 Jahren erstmals vor hatte. Grund war damals ein schmales Büchlein von gut 100 Seiten, erschienen in der Bibliothek Suhrkamp mit dem Titel Zeiten in Cornwall. Der Autor Wolfgang Hildesheimer (1916 bis 1991) lebte damals, 1971, in Poschiavo. Es sind Erinnerungen an das Jahr 1932, die der jüdische Autor auf der Flucht vor den Nazis in der geschichtsträchtigen Grafschaft verbrachte. Grossartige Landschafts-, Menschen- und Möwenbeschreibungen wechseln sich ab mit Reflexionen über das Schreiben und das Erinnern. So schliesst das Buch mit den Sätzen: "Die Reise, die ich seit vielen Jahren machen wollte, habe ich gemacht, die unerledigte Sache ist erledigt, die Erinnerung - oder vielmehr, was die Zeit davon an Greifbarem für mich übriggelassen hat - das hat sich alles willig hergegeben; der ungreifbare Rest besteht aus jenem Stoff, der nicht zur Sprache kommt."

Das Buch ist bei Suhrkamp immer noch erhältlich, genau wie in der ersten Auflage mit sechs Zeichnungen des Autors. So steht es auch auf dem Umschlag der Ausgabe von 2016. In meiner signierten Erstausgabe von 1971 hat der Autor handschriftlich korrigiert, dass es sieben Zeichnungen seien. Ich habe nachgezählt: Es sind sieben - wunderbare - Tuschzeichnungen.


Für Ihre Agenda

  • 12. Oktober: Literaturzirkel (Yvonne Adhiambo Owur, «Das Meer der Libellen»)
  • 21. Oktober: Thilo Krause  
  • 5. November: Lyrikwerkstatt mit Claudia Gabler
  • 6. November: Exkursion nach Schilten zu Schildknechts Schulhaus im aargauischen Ruedertal 
  • 18. November: Beat Mazenauers Bestenliste 2021   
  • 2. Dezember: Barbara Honigmann 
  • 11. Dezember: Szenische Lesung Meinrad Inglin

Es freut sich auf Sie
Ihr LiteraturGesellschaft Luzern–Team