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Newsletter der LiteraturGesellschaft Luzern

April 2023

Liebe Mitglieder der LiteraturGesellschaft Luzern
Liebe Freunde und Freundinnen guter Literatur


Welche Geschichten aus unserem Leben und unserer Wirklichkeit werden aktuell in der Literatur aufgegriffen? In welcher Weise, mit welchem Fokus wird derzeit beschrieben, wie wir leben, arbeiten, lieben oder sterben? Wie wird von heute aus Vergangenheit betrachtet, wie in die Zukunft geblickt?

In den Werken der Autorinnen und Autoren, die bei der LGL lesen, können wir aufschlussreiche Antworten auf alle diese Fragen finden. So auch in Hansjörg Schertenleibs neuem Roman «Im Schilf», der am 23. März 2023 im Zürcher Atlantis Verlag erschienen ist. Es ist ein persönliches Buch, in dem ein Statement des Autors auf schöne Weise zum Ausdruck kommt: «Wer eine Geschichte erzählt, erzählt immer auch von sich.»
Es geht um wirkliche, ausgedachte und zurechtgelegte Lebensgeschichten und darum, wie sich in diesen Geschichten Beziehungen entfalten, aber auch auflösen können. Wie gestaltet sich in solchen Lebensgeschichten unter je verschiedenen Voraussetzungen der endgültige Abschied von geliebten oder auch ungeliebten Menschen. Der Autor beschreibt solch persönliche Momente des Abschiednehmens eindringlich und subtil. Ganz besonders bestechend sind – einmal mehr – Schertenleibs Naturschilderungen. In diesen Passagen spüren wir intensiv, was es heisst, im Schreiben das Sehen zu suchen, oder auch – aus der anderen Perspektive – was es heisst, beim Lesen das Sehen zu lernen.  

Hansjörg Schertenleib liest am 27. April 2023, 19.30 Uhr, im Schweizerhof bei der LGL. Rudolf Probst, der den Vorlass des Autors im Literaturarchiv der Nationalbibliothek in Bern betreut, führt das Gespräch. Sie dürfen die Vorfreude auf die nächste LGL-Lesung wachsen lassen. Wir empfehlen Ihnen, sich anzumelden: info@literaturgesellschaft-lu.ch.

Zur Einladungskarte


Mitgliederversammlung: Dank und Jubiläumsvorfreude

An der zehnten Mitgliederversammlung der LiteraturGesellschaft Luzern konnten alle Traktanden zügig abgehandelt werden. Statt mit Worten weckte die Präsidentin mit sprechenden Bildern Erinnerungen an die Lesungen und Anlässe des vergangenen Jahres. Etwas ausführlicher wurden die Jahresrechnung 2022 und das Budget 2023 erläutert. Der wesentlich höhere finanzielle Aufwand im Kalenderjahr 2023 ist dem Umstand geschuldet, dass «10 Jahre LGL» gebührend gefeiert werden soll.  An dieser Stelle sei allen Mitgliedern, welche unserem Aufruf gefolgt sind, sehr herzlich für ihre grosszügigen Spenden gedankt.

Begeisterung für ein Doppelleben

Im Anschluss an die GV fand die Lesung mit Alain Claude Sulzer statt. Zum ersten Mal in der Geschichte der LGL mussten wir über einen Extra-Newsletter den Hinweis «ausgebucht» vermelden. Dank einiger Abmeldungen wegen Grippe konnten diejenigen, die auf der Warteliste standen, doch noch an die Lesung kommen. Wir empfehlen weiterhin dringlich, sich für unsere Lesungen einen Platz zu reservieren: info@literaturgesellschaft-lu.ch

Es war ein wirkliches Erlebnis, Alain Claude Sulzer aus seinem grossartigen Roman «Doppelleben» lesen zu hören. Im Gespräch mit dem Moderator Urs Bugmann schilderte der Autor anschaulich, wie er, durch Arrangieren, Verdichten, Auslassen und Ausschmücken der berühmten 7000 Tagebuchseiten der Goncourts, den beiden Brüdern Edmond und Jules, in «Doppelleben» zu einer neuen Wahrheit und zu neuem Leben verholfen hat.
Hier können Sie den ganzen Rückblick auf diese Lesung, verfasst von Hans Beat Achermann, nachlesen.


Jubiläumsanlass am 23. Juni: «Literarische Duette»

Notieren Sie sich unbedingt jetzt schon den Termin des LGL-Jubiläumsanlasses «10 Jahre LGL» vom 23. Juni 2023 in Ihrer Agenda. Mehr zum festlichen Abend erfahren Sie im Mai.

Wer bereits jetzt neugierig ist zu erfahren, welche Autor:innen nach der Sommerpause bei der LGL lesen werden, findet Informationen dazu in der Agenda im Anhang zu diesem Newsletter.

Lassen Sie sich inspirieren. Wir freuen uns auf Sie und grüssen herzlich

Regula Jeger, im Namen des ganzen LGL-Teams    



Lektüretipp von Hans Beat Achermann, Vizepräsident LGL:

Arno Geigers gelüftetes Geheimnis

Ein Doppelleben: Alain Claude Sulzer hat eines beschrieben (siehe oben). Und jetzt auch Arno Geiger: sein eigenes. Das erste Leben war das Schreiben, das zweite das Suchen nach Stoff, nicht textilem, sondern nach weg geworfenen Briefen,Tagebüchern, Postkarten, Büchern. 25 Jahre lang radelte der österreichische Autor stundenlang unerkannt durch Vororte, tauchte buchstäblich kopfvoran hinab in Altpapiercontainer auf der Suche nach Verwertbarem. Nicht der materielle Wert interessierte ihn primär (auch wenn er ab und zu ein wertvolles Stück verkaufen konnte), sondern das Alltägliche, das Raue, das Ungefilterte, das in Gebrauchstexten zum Vorschein kam und aus dem er letztlich seine Menschenkenntnis bezog. «Meine künstlerische Entwicklung wurde nicht nur von Weltliteratur vorangetrieben, sondern ganz wesentlich auch von Abfall, von Hingeschmiertem und Verworfenem.» Für Geiger ist der Müll eine kulturelle Ressource, Teil des kulturellen Gedächtnisses einer Gesellschaft. «Das glückliche Geheimnis» ist nicht nur ein tiefgründiger Einblick in eine obsessive Such- und Schreibarbeit, sondern auch eine wunderbare Liebeserklärung an seine Frau K., die in sein Geheimnis eingeweiht war. Durch das Schreiben und die Veröffentlichung ist das Geheimnis keines mehr: die «Freude des Verschweigens» wurde abgelöst durch die «Freiheit des Erzählens». Die letzten Sätze lauten: «Ich bin jetzt am Grund. Es ist alles geborgen. Rasch weiter!» Irgendwo liegt schon noch Stoff, der verwandelt werden kann. Wir freuen uns auf weiteren Kunst-Stoff.

Arno Geiger: Das glückliche Geheimnis. 237 Seiten. Hanser München (2023).


Für Ihre Agenda

   
27. April 2023, 19.30 Uhr                             
Hansjörg Schertenleib, «Im Schilf»

23. Mai 2023, 19.30 Uhr
Ariane Koch, «Die Aufdrängung» / Friederike Kretzen, «Bild vom Bild vom grossen Mond»

23. Juni 2023, 19.00 Uhr
Jubiläumsanlass «10 Jahre LGL»: Literarische Duette mit
Martin Dean und Katharina Lanfranconi
Urs Faes
und Barbara Honigmann
Dana Grigorcea
und Perikles Monioudis
Tabea Steiner
und Melinda Nadj Abonji
Leo Tuor
und Noemi Lerch
Musikalische Begleitung: Albin Brun, Kristina und Evelyn Brunner

5. September 2023    
Ursula Fricker, «Gesund genug»

31. Oktober 2023        
Angelika Overath, «Unschärfen der Liebe»

21. November 2023   
Beat Mazenauers Bestenliste 2023

14. Dezember 2023  
Christian Haller, «Sich lichtende Nebel»